Flüsse sollen freier fließen – so wie die Mittlere Elbe
Einer der größten Flüsse Deutschlands, die Elbe, fließt in ihrer Mitte wieder auf großer Strecke naturnah. Daran hat der WWF fast 20 Jahre lang mitgearbeitet. Dadurch haben viele seltene Tier- und Pflanzenarten wieder mehr Raum zum Leben.
Zum Beispiel diese hier
Mehr als 33 Flusskilometer der Mittleren Elbe bei der Stadt Dessau wurden mit WWF-Hilfe renaturiert. Das bedeutet, dass der natürliche Zustand des Flusses wieder hergestellt wurde.
Renaturierung: Warum war das nötig?
Der Elbe erging es in der Vergangenheit wie vielen frei fließenden Flüssen: Sie wurde für die Schifffahrt begradigt, vertieft und kanalisiert – und dadurch von ihren Auen abgeschnitten.
Warum sind Auen wichtig?
Auen sind die natürlichen Überschwemmungsgebiete entlang der Flüsse, wenn es Hochwasser gibt. Bei Niedrigwasser fallen sie wieder trocken.
Daran haben sich viele Tier- und Pflanzenarten angepasst. Auen sind zum Beispiel die Kinderstube von Fröschen, Kröten und Fischen, die dort ihre Eier ablegen.
Dort wachsen auch Bäume, die mit dem Wechsel von Überschwemmung und Trockenheit bestens klar kommen:
Zum Beispiel Weide, Schwarzpappel, Eiche, Esche, Hainbuche, Feldahorn und Ulme.
Was passiert, wenn Flüsse von ihren Auen getrennt werden?
Werden Auen vom Fluss durch Mauern, Kanäle oder Umleitungen abgeschnitten (wie hier im Bild am Rhein), trocknen sie aus und viele Auen-Pflanzen sterben ab. Fische und Amphibien können dort nicht mehr ihre Eier ablegen.
Und es entsteht häufiger Hochwasser, das gefährlich werden kann. Denn Hochwasser wird nicht mehr in Auen gespeichert, sondern saust ungebremst flussabwärts. Und das auch noch mit mehr Tempo, weil in begradigten Flüssen das Wasser viel schneller fließt, als wenn es um Kurven strömen muss.
Genau das war auch an der Mittleren Elbe passiert. Deshalb startete dort der WWF im Jahr 2001 sein bisher größtes Projekt in Deutschland. Das Projektgebiet ist rund 13.000 Hektar groß. Das ist ungefähr die Fläche einer ganzen Stadt von der Größe wie Halle oder Ingolstadt.
Das WWF-Team
- hat Altarme der Elbe, die trockengelegt waren, wieder mit dem Fluss verbunden,
- pflanzte heimische Bäume, damit neue Auenwälder entstehen,
- wandelte Ackerland in Auenwiesen um,
- sät noch heute auf großen Auenflächen heimische Blütenpflanzen für mehr Wildbienen aus – zum Beispiel Glockenblumen, Mohn oder Wilde Möhre,
- und hat Deiche zurückgelegt, um der Elbe wieder mehr Platz zum freien Fließen zu geben – damit sie wieder mehr Auen überschwemmen kann.
Dazu wurde vor allem im Bereich des Lödderitzer Forstes auf 7,3 Kilometern Länge sechs Jahre lang ein neuer Deich gebaut – bis zu 2,5 Kilometer weiter weg vom Fluss als der alte. Als der neue Deich fertig war, wurde der alte Deich geöffnet, damit Wasser durch ihn durch fließen kann.
Jetzt kann sich die Elbe bei Hochwasser im Lödderitzer Forst dreimal soweit ausbreiten wie bisher. Das schafft wieder Lebensraum für Pflanzen und eine Menge Tiere, die solche Überschwemmungen brauchen – vor allem Amphibien, Vögel und Insekten.
Davon haben auch Menschen etwas, die entlang der Elbe leben. Denn bei Hochwasser steigt der Wasserspiegel der Elbe nun nicht mehr so stark an. Weil der überflutete Auenwald wie ein riesiger Schwamm Hochwasser aufsaugt und festhält. Das bremst das Hochwasser an der Elbe ganz natürlich ab.
Schon gewusst?
Wie erkennst du einen naturnahen Fluss? Er hat oft flache Strände und steile Böschungen, Sanddünen und Kiesbänke. Manchmal siehst du gar nicht so genau, wo der Fluss links und rechts aufhört, denn das Flusswasser schwappt auch in sumpfige Seitenarme und überschwemmt Wiesen und Wälder – vor allem bei Hochwasser im Frühjahr.
So artenreich ist die Mittlere Elbe
Dort leben
• 135 Vogelarten wie Schwarzstorch und Weißstorch, Graureiher, Fisch- und Seeadler (großes Bild oben) sowie der Mittelspecht (im kleinen Bild), die hier regelmäßig brüten.
• mehr als 1.000 verschiedene Pflanzenarten – darunter die Wassernuss und viele Orchideen-Arten (im Bild).
• rund 40 Säugetierarten, neben dem Elbebiber und der Wasserfledermaus zum Beispiel auch der Fischotter,
• mehr als 700 Schmetterlingsarten, wie hier der Admiral,
• rund 50 Libellenarten wie die Grüne Mosaikjungfer,
• es gibt außerdem 34 Fischarten, 14 Arten von Fröschen und Kröten sowie 5 Arten von Reptilien wie die Ringelnatter im Bild. Sie leben meist in den stillen Bereichen der Mittleren Elbe,
• in den Auenwäldern leben auch der seltene Heldbock und der Hirschkäfer (im Bild),
• außerdem rund 200 verschiedene Wildbienenarten.